Eigentlich wollten wir dieses Mal endlich die Trollhand finden. Wir, das sind Torsten Richter (Vorsitzender des Rehnaer Pilzvereins) und ich, Chris Engelhardt aus Lübeck. Etwa 1- bis 2-mal im Monat sind wir gemeinsam für einen Vormittag in Nordwestmecklenburg auf Pilzpirsch. An diesem Grauweidenbruch nahe des Breesener Moores waren wir schon öfter vorbeigefahren, hatten dort im Winter vor 3 Jahren sogar auch schon einmal angehalten. Damals gab es kleine, aber dennoch sehr feine Spezialitäten, wie das Pappelknospen-Becherchen (Pezizella gemmarum) oder einen Pustelpilz (Nectriopsis oropensoides), der auf dem Tabakbraunen Borstenscheibling (Hymenochaetopsis tabacina) wuchs. Jetzt wollten wir dort mal richtig in die Büsche, denn wie gesagt, schien uns dieses Biotop für die begehrte Trollhand einfach ideal. Das Wetter war einfach klasse! Nach dem Regen... bestes Pilzwetter im Dezember! Um es gleich vorwegzunehmen: Wir haben sie nicht gefunden, allerdings sind wir auch kaum fünfzig Meter weit gekommen. Viel zu viele Pilze standen uns ständig im Weg, in diesem Dschungel aus feuchtem Totholz, an diesem feucht-milden Dezembermorgen in Mecklenburg. Da hinten wollten wir eigentlich in die Büsche, aber überall lag lebensvolles Totholz herum. So gibt es auch nicht viel zu berichten von unserer Exkursionsstrecke. Stattdessen sollen ein paar Bilder sprechen, aber die sagen ja bekanntlich oft mehr als tausend Worte. Auffällig als erstes gleich jede Menge frischer Flammulina elastica, Weiden-Samtfußrüblinge. Die zeichnen sich gegenüber Flammulina velutipes, dem Gemeinen Samtfußrübling durch größere Sporen um 9-12 x 4µm aus. Verschiedene Arten Gallertbecher wuchsen üppig und massenhaft. Am auffälligsten Ascocoryne sarcoides, der Fleischrote Gallertbecher, den wir meist zusammen mit seinem Konidienstadium Coryne dubia antrafen. Nicht so häufig findet man Ascocoryne inflata, den Rundköpfigen Paraphysen-Gallertbecher. Ein häufiger Vertreter, der auch schonmal größere Flächen herumliegender Totholzäste besiedeln kann, ist Bertia moriformis, der Maulbeer-Kugelpilz. Exidia nucleata, der Körnchen-Drüsenpilz, läuft bei diesen Wetterbedingungen zur Hochform auf. Den Gelatinösen Kugelpustelpilz (Hypocrea gelatinosa) konnte Torsten gleich im Feld schon makroskopisch sicher ansprechen. Er ist durch seine warzige Oberflächenstruktur gut kenntlich. Als Torsten ein paar feucht auf dem Boden liegende Blätter inspiziert, findet er rasch einen winzigen, sehr hübschen Hutpilz. Mycena polyadelpha auf Blattresten von Quercus robur. Überhaupt sind feucht liegende alte Blätter eine Fundgrube für Freunde kleiner Ascomyzeten. So fand Torsten an Blattresten, genauer gesagt an der Mittelrippe eines Quercus-robur-Blattes Allophyllaria nervicola. Charakteristisch für die Art sind neben der Ökologie die Sporenmerkmale und die rote IKI Reaktion der Apikalregion der Asci. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Matthias Reul, der uns dazu eine wunderbare Doku gemacht hat. Torsten fand und bestimmte auch Mollisia pyrenopezizoides auf einem bemoosten Quercusstamm. Proliferodiscus pulveraceus ist ein typisches Ascomyzet der Wintermonate. Sein Fleisch färbt sich mit KOH sofort violett um. Für Ombrophila violacea ist typisch Sporen 9-11 x 4,5- 5 µm, mit meist 2 großen Lipidtropfen in den breit spindelförmigen Sporen. Eher unscheinbar kommt Claussenomyces xylophilus nom. prov. Baral einher, der auf einem morschen Haselnussast wuchs. Wo viele Weiden wachsen, kann man gelegentlich Nectria diatrypicola auf Diatrype bullata finden. Begeistert war Torsten von einem Fund, den er im Nachhinein unter dem Mikroskop bewundern konnte: Bei Tubulicrinis färben sich die röhrenförmigen Zystiden in Melzer blau! Natürlich gab es auch noch andere, richtig "große" Pilze. Zum Beispiel Hypoxylon howeianum, die Zimtbraune Kohlenbeere. Sehr häufig bei diesem Wetter: Phlebia tremellosa, der Gallertfleischige Fältling, Steccherinum ochraceum an einem Ast von Corylus avellana. Richtig mild schmeckte Oligoporus tephroleucus und Phlebia rufa gab es sozusagen "am laufenden Meter". Ganz prächtig bei dem Wetter entwickeln sich auch einige Pilze, die vielleicht eher dem Reich der Zoologie zuzuordnen sind: Myxomyzeten, von denen viele gerade im Winter zu Topformen auflaufen. Am auffallendsten bei dieser Exkursion war wohl der Fadenfruchtschleimpilz Badhamia utricularis. Sehr schön auch eine Trichia contorta, die Torsten fand. Richtig zoologisch noch eine besondere Entdeckung von Torsten: Vertigo antivertigo, eine FFH-Art, gefunden zwischen Carexblättern. Soviel als kleiner Einblick in eine zweistündige Vormittagsexkursion am Grauweidenbruch, aber wie schon gesagt, das Exkursionsziel haben wir verfehlt, haben keine Trollhand finden können. Ich glaube, da müssen wir demnächst also nochmal hin und weitersuchen…. Allen schonmal schöne Feiertage und einen pilzreichen Jahresausklang 2019!
Text: Chris Engelhardt aus Lübeck / Bilder: Torsten Richter und Chris Engelhardt